07-04-2022 17:29
von Willi Fast

Ukraine-Russland-Krise - AKTUELLES - Auswirkungen der Sanktionen auf die Patentierung in der Russischen Föderation

Als Folge des bewaffneten Konflikts zwischen Russland und der Ukraine haben unter anderem die EU und die USA eine Reihe von Wirtschaftssanktionen gegen Moskau verhängt. Unter IP-Fachleuten wird derzeit diskutiert, ob diesen Sanktionen eine Verbotswirkung auf die Patentierung in Russland beigemessen werden sollte.

 

Das Russische Patentamt ist keine sanktionierte Einrichtung im Rahmen der von der internationalen Gemeinschaft gegen Russland verhängten Sanktionen. Auch ist es nicht per se verboten, Patente über das Russische Patentamt anzumelden.

Das Russische Patentamt akzeptiert jedoch Zahlungen von Amtsgebühren von Anmeldern und Patentinhabern nur über die Zentralbank der Russischen Föderation, unabhängig von der Währung, in der gezahlt wird (RUB, USD, EUR). Die Zentralbank wird von den USA und der EU gezielt mit Sanktionen belegt. Während die von der EU verhängten Sanktionen Transaktionen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Reserven und Vermögenswerten der Zentralbank verbieten, was die Zahlung von Amtsgebühren an das Patentamt offenbar nicht verbietet, sind die US-Sanktionen (Richtlinie Nr. 4 der Durchführungsverordnung 14024 des Finanzministeriums vom 28. Februar 2022) umfassender und verbieten "jegliche Transaktionen, an denen die Zentralbank der Russischen Föderation, der Nationale Vermögensfonds... beteiligt sind, einschließlich jeglichen Transfers von Vermögenswerten an solche Einrichtungen oder jeglicher Devisengeschäfte für oder im Namen solcher Einrichtungen". Dies könnte so ausgelegt werden, dass auch Zahlungen von Amtsgebühren für IP-Rechte an das Patentamt über die Zentralbank eingeschlossen sind.

Die Allgemeine Lizenz Nr. 13 des US Finanzministeriums vom 2. März 2022 sieht eine Übergangsperiode bis zum 24. Juni 2022, 12:01 Uhr EDT, vor, um bestimmte Aktivitäten, die mit Sanktionen belegt wurden, abzuwickeln. Während dieser Abwicklungsperiode dürfen US-Personen Steuern, Gebühren.... an die Russische Zentralbank zahlen, sofern diese Transaktionen im Rahmen der täglichen Geschäftstätigkeit dieser Personen in der Russischen Föderation üblich und notwendig sind. Diese Ausnahmeregelung umfasst somit auch die Zahlung von Amtsgebühren für IP-Rechte.

Der Sanktionstext legt fest, dass die Sanktionen nicht umgangen werden können. Insbesondere heißt es in der Richtlinie Nr. 4, dass "(1) jede Transaktion, mit der eines der Verbote dieser Richtlinie umgangen oder unterlaufen wird, die darauf abzielt, eines der Verbote zu umgehen oder zu unterlaufen, die einen Verstoß gegen eines der Verbote dieser Richtlinie darstellt oder den Versuch eines solchen Verstoßes; und (2) jede Verschwörung, die darauf abzielt, gegen eines der Verbote dieser Richtlinie zu verstoßen" ebenfalls verboten ist. Dazu gehört auch die Einschaltung eines Dritten, z. B. einer Anwaltskanzlei in einem neutralen Land, der die sanktionierten Gebühren im Namen des Patentinhabers entrichtet.

Die oben genannte Sanktion der Richtlinie Nr. 4 bezieht sich zwar auf "US-Personen" und gilt somit nicht direkt für in Deutschland oder der EU ansässige Unternehmen, doch ist es möglich, dass die USA auch sekundäre Sanktionen verhängen. Infolgedessen könnten die betreffenden US-Sanktionen aus Sicht der USA für Unternehmen weltweit gelten, unabhängig davon, ob eine potenzielle Verbindung zu den USA besteht oder nicht. Europäische Unternehmen sind daher gut beraten, eine Risikobewertung auch in Bezug auf die US-Sanktionen vorzunehmen.

Sollte ein Schutzrechtsinhaber der Meinung sein, dass die Zahlung von Amtsgebühren an das Russische Patentamt nach dem besagten Datum des 23. Juni 2022 tatsächlich als Verstoß gegen Sanktionen angesehen werden könnte, ist Folgendes zu beachten.

Die Patentierung in Russland wäre nicht verboten, wenn das US-Finanzministerium eine weitere Ausnahmegenehmigung, ähnlich der Allgemeinen Lizenz Nr. 13, ausstellen würde, die die Zahlung von Amtsgebühren an das Russische Patentamt über dieses Datum hinaus erlaubt.

Wenn ein Schutzrecht in Russland aufgrund einer versäumten Frist als zurückgenommen gilt, erlaubt die russische Patentgesetzgebung in vielen Fällen die Wiedereinsetzung eines solchen Schutzrechts innerhalb einer Frist von 12 Monaten. Im Falle eines erteilten Patents, für das die Jahresgebühren nicht gezahlt wurden, könnte das Patent sogar noch innerhalb von 3 Jahren wiedereingesetzt werden. In diesem Fall ist jedoch zu bedenken, dass in der Zwischenzeit, in der das Schutzrecht nicht in Kraft ist, möglicherweise Rechte Dritter zur Weiterbenutzung des Schutzrechts entstehen könnten.

Um Zahlungen nach dem 23. Juni 2022 zu vermeiden, sollten die Inhaber von IP-Rechten desweiteren in Erwägung ziehen, Amtsgebühren rechtzeitig vor diesem Datum an das Russische Patentamt zu zahlen, soweit dies möglich ist.

 

Abschließend ist anzumerken, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Eurasischen Patentamt und vielen anderen Patentämtern weltweit, z. B. dem USPTO, aufgrund des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine größtenteils ausgesetzt ist. Die Bearbeitung von Anmeldungen und die Aufrechterhaltung erteilter Patente vor dem Eurasischen Patentamt ist von den Sanktionen der USA, der EU oder anderer Länder bislang jedoch nicht betroffen.

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