14-01-2022 15:50
von Willi Fast

Russland – Verbesserter Schutz bei Pharmaerfindungen, Teil 3: Folgen der geplanten Gesetzesänderungen

Sobald die in Teil 1 und 2 genannten Gesetzesänderungen in Kraft treten, wird dies spürbare Auswirkungen für die pharmazeutische Industrie auf dem russischen Markt haben. Vor allem die Rechtssicherheit für Forschende Pharmafirmen und der Schutz vor möglichen Patentverletzungen sollte deutlich verbessert werden.

1. Anmelder für eine russische Marktzulassung sind in Zukunft gesetzlich verpflichtet, solche IP Rechte anzugeben (russische und   eurasische Patente, Marken), die ihnen bekannt sind und die mit dem zuzulassenden Präparat in Zusammenhang stehen. Außerdem muss der Anmelder einer Marktzulassung eine schriftliche Versicherung einreichen, dass durch sein Präparat keine IP Rechte Dritter verletzt werden.
Damit wird das russische Arzneimittelgesetz prinzipiell mit den vereinheitlichten eurasischen Zulassungsrichtlinien für Medikamente in Übereinstimmung gebracht. Verstöße gegen diese Vorschrift bzw. falsche Angaben durch Generikahersteller können somit zukünftig vor Russischen Gerichten als Gesetzverstoß geahndet werden.

2. Vom Russischen Patentamt wird, in Zusammenarbeit mit der Zulassungsbehörde für Arzneimittel, ein „Register für patentgeschützte Arzneiwirkstoffe“ errichtet. Dieses Register soll nur Verbindungspatente enthalten, die einen Wirkstoff an sich schützen. Explizit ausgenommen von der Aufnahme in das Register sind Patente auf „neue Formen bekannter Verbindungen (Salze, Solvate, Hydrate, Polymorphe, Derivate)“, Patente für die neue Verwendung eines bekannten Wirkstoffs, oder ein Verfahren zur Behandlung.
Nicht ganz geklärt ist dabei die Frage von Patenten für Produkte, wie zum Beispiel eine neue Formulierung eines bekannten Wirkstoffs, oder eine Kombination von zwei (oder mehr) Wirkstoffen (z.B. mit synergistischem Effekt).

2.1. Verbindungspatente, die einen Wirkstoff (INN) schützen, werden in das Register auf Antrag des Patentinhabers nach Prüfung der Fachgremien des Patentamts (mit Unterstützung des Zulassungsbehörde) eingetragen.
Inhaber eines Patents, das einen Wirkstoff schützt, sollten sich selbst darum bemühen, dass ihr Patent in das Register aufgenommen wird.

3. Während gemäß der russischen Patentgesetzgebung die Frage, ob ein generisches Medikament mit einem bestimmten Wirkstoff ein bestimmtes Patent verletzen würde, bislang ausschließlich in die Zuständigkeit der Gerichte fiel, wird diese Frage in Zukunft auch in die Kompetenz des Patentamtes fallen, welches für die Führung des o.g. Registers zuständig ist.
Der Eintrag eines Patents in das Register stellt somit einen amtlichen und vertrauenswürdigen Nachweis für das Vorhandensein eines gültigen Patentschutzes für einen bestimmten Wirkstoff dar. Ein weiterer Nachweis dafür, ob ein generisches Medikament mit einem bestimmten Wirkstoff ein bestimmtes Patent verletzt, welches diesen Wirkstoff schützt, wäre in einem potentiellen Verletzungsverfahren strenggenommen nicht mehr erforderlich, da dieser Umstand ja bereits überprüft worden ist.
Ein Eintrag in das Register kann somit beispielsweise

- zur Stützung in einem cease-and-desist-letter verwendet werden.
- vor Gericht bei einer relativ frühzeitigen Zulassung eines Generikums als Nachweis für die „Gefahr einer möglichen Patentverletzung“ dienen.
- vor Gericht als Nachweis für das Vorliegen einer Patentverletzung dienen.

4. Im russischen Gerichtswesen existiert die Möglichkeit der Einstweiligen Verfügung. In der Praxis ist dieses Mittel bei Patentverletzungen im Gebiet der Pharmazie von russischen Gerichten bis jetzt aber (fast) nie angewendet worden. Das könnte sich ändern, sobald das o.g. Register online gegangen ist und die zuständigen Richter bei der Prüfung eines Antrags auf Einstweilige Verfügung bereits über zuverlässige amtliche Informationen darüber verfügen, ob eine Patentverletzung vorliegt.

5. In Zukunft sollten bei staatlichen Ausschreibungen für Medikamente, in denen der Wirkstoff durch ein registriertes Patent geschützt ist, vom Gesundheitsministerium keine Generika mehr zugelassen werden, sobald der Wirkstoff im Register als ‚patentgeschützt‘ vermerkt ist.

6. Bei einem Antrag auf Marktzulassung für ein generisches Präparat werden in Zukunft die Einträge in diesem Register berücksichtigt. Falls laut Register Patentschutz  für einen Wirkstoff besteht, und der Anmelder für das generische Präparat keine Lizenz für das entsprechende Patent vorweisen kann, dann wird die Marktzulassung mit dem Vermerk erteilt, dass sie erst nach dem konkreten Ablaufdatum des entsprechenden Patents in Kraft tritt. Dies sollte den vorzeitigen Markteintritt von Generika vor Ablauf des Patentschutzes auf den Wirkstoff verhindern.

7. Bei der Angabe über relevante IP Schutzrechte, die dem Anmelder für eine Marktzulassung bekannt sind und die der Anmelder bei der Zulassungsbehörde einreichen muss, spielt das russische Register leider kaum eine Rolle, da hier nur Stoffpatente aufgenommen werden. In Gegensatz zum russischen Register sind in dem entsprechenden Eurasischen Arzneimittelregister, welches am 01.03.2021 online gegangen ist, Erfindungen auf dem Gebiet der Pharmazie in einem viel breiteren Spektrum enthalten. Hier wäre eine Erweiterung des russischen Registers wünschenswert, damit die Zulassungsbehörde die Möglichkeit erhält, die entsprechenden Angaben von Anmeldern auf eine generische Marktzulassung zu überprüfen.

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